Wie steht’s um die Bedeutung des Internationalen Rechts? Die anhaltenden und offensichtlichen Verstöße globaler Akteure gegen das Völkerrecht (IR) in den letzten Jahrzehnten führen dazu, das dieses in Debatten immer häufiger als „zahnloser Tiger“ bezeichnet und als überflüssiges System verstanden wird, das nicht in der Lage ist, die Einhaltung von Rechtsnormen zu gewährleisten.
Also stellt sich mir die Frage: Wie steht es wirklich um das Völkerrecht? Was hat die Internationale Rechtsordnung (IR) heute noch zu bieten – angesichts all der offensichtlichen Lücken und Unsicherheiten, die sie aufweist? Besonders die Unfähigkeit des Völkerrechts, konkrete Antworten auf Rechtsverstöße zu liefern, scheint seine Wirksamkeit geschwächt und in der breiteren Öffentlichkeit grundlegende Fragen zu seiner Bedeutung aufgeworfen zu haben.
Vor allem Regierungen – häufig unter der Führung rechtsextremer Politiker – stellen das Völkerrecht in den letzten Jahren zunehmend als modernes Monster dar, das nationale Souveränität und Interessen beschneide, und versuchen, es gezielt zu delegitimieren. Der Ruf nach einer Neukalibrierung des Völkerrechts wird indes immer lauter. Sie soll die internationale Rechtsordnung im besten Fall dazu befähigen, ihre Einhaltung konsequenter durchzusetzen und sie zugleich für zukünftige globale Herausforderungen rüsten. Mit einer solchen Neuausrichtung soll Staaten außerdem die Möglichkeit genommen werden, das Völkerrecht weiterhin als Instrument zur Legitimierung ihrer Verstöße zu missbrauchen.
Doch warum ist Völkerrecht (perspektivisch) überhaupt noch wichtig, wenn sich seit Jahrzehnten jeder sein eigenes Süppchen kocht – und niemand mit Konsequenzen rechnen muss, wenn er sich nicht an den Rechtsrahmen des Internationalen Rechts hält? Welche Reformen könnten die angesprochenen Narrative entkräften und Staaten davon abhalten, die Dämonisierung des Völkerrechts als Waffe zu benutzen, um unrechtmäßige Handlungen zu rechtfertigen? Welche Rolle spielt das Völkerrecht in aktuellen Kriegen wie dem Gaza-Krieg, dem Israel-Iran-Konflikt oder mit Blick auf geopolitische Krisenherde wie Taiwan? Inwiefern ist das Völkerrecht innerhalb von Friedens- und Sicherheitspolitik überhaupt noch von Bedeutung?
Mit eben diesen Fragen möchte ich mich als Laie in den kommenden Monaten in einer kleinen Serie mit dem Titel „Völkerrecht – ist das Kunst, oder kann das weg?“ beschäftigen. Monatlich soll hier ein kurzer Text erscheinen – ergänzt durch weiterführende Leseempfehlungen.


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